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Im 16. Jahrhundert erschien in der Rus' eine neue, nämlich lateinische Quelle der grammatischen Kenntnisse. Davon zeugt die im Jahre 1522 von "dem Dolmetscher der deutschen Sprache" Dmitrij Gerassimov übersetzte, in Westeuropa verbreitete Grammatik des Aelius Donatus. [1] Ihre aus dem 16. Jahrhundert überlieferten Handschriften waren nicht nur Lehrbücher des Lateins, sondern dienten auch zum Erlernen der kirchenslavischen Sprache.
Außer der kirchenslavischen Übersetzung der "Ars minor" des A. Donatus gab es noch den ersten syntaktischen Traktat in der Rus' «Pravila grammatičnye» (Anfang des 16. Jahrhunderts) Obwohl dieser Traktat in zwei Sammelhandschriften zusammen mit einer Fassung des "Donat" überliefert ist, zeigen die neuen Untersuchungen, daß dieser Traktat ein selbständiges von der Ars minor unabhängiges Werk sei, nämlich die kirchenslavische Übersetzung eines anonymen mittelalterlichen Lehrbuches der lateinischen Syntax (Regulae congruitatum constructiones et regimina) (Tomelleri 1999: V u. ff).
Diese grammatischen Werke beeinflußten aber keine weitere Entwicklung des Grammatikschreibens in Rußland. Was den syntaktischen Traktat "Pravila" betrifft, scheint er "auf ostslavischem Boden in eine kulturelle Sackgasse geraten zu sein < ...> denn daraus hat sich, soweit bis jetzt erkennbar ist, keine Tradition gebildet" (Tomelleri 1999: VII). In der veränderten Form taucht die lateinische grammatische Tradition bei den Ostslaven erst Ende des 16. und Anfang des 17 Jahrhunderts bei L. Zizanij (1596) und M. Smotrickij (1619) auf.
Als Vorbilder für die kirchenslavischen Grammatiken von Zizanij (?– nach 1633) und Smotrickij (1577 – 1633) tritt insbesondere die lateinische Grammatik Ph. Melanchthons (1497 –1560). In diesen kirchenslavischen Grammatiken widerspiegeln sich die Veränderungen der linguistischen Anschauungen, die sich im Laufe des 16. Jahrhunderts unter dem Einfluß des deutschen Humanismus und der Reformation in Deutschland vollzogen haben.
Im Vergleich zu der Moskauer Rus' wurde in der Südwest– und Westrus', die damals zu Polen gehörten, die kirchenslavische Grammatik schon seit dem 16. Jahrhundert regelmäßig im Unterricht behandelt. Die Einführung dieses Schulfaches steht in engem Zusammenhang mit der Auseinandersetzung dieser Zeit zwischen Katholiken und der orthodoxen Kirche: "Bei nicht wenigen dieser (Slavia ortodossa – B.D.) alten Grammatiken wissen wir sehr gut, dass sie ihre Entstehung nicht so sehr philologischer Neugier oder gar dem Streben nach nationaler Identität als vielmehr sprachbedingten Auseinandersetzungen um den rechten Glauben verdanken. " (Keipert 1999: 19)
Die Verbreitung der deutschen protestantischen Denkweise in der Rus' war erfolgreich, weil diese Ideen mit der Auseinandersetzung gegen die katholische Kirche verbunden waren. Viele litauische und weißrussische Protestanten studierten an der lutherischen Universität in Königsberg (gegründet 1544). Aus dem Brief Philipp Melanchthons vom 20. Februar 1556 ist ersichtlich, daß sich ein Anführer der weißrussisch–litauischen Reformation, Pjotr Gonesius, in Wittenberg befand, wohin er von der protestantischen Synode geschickt worden war. Melanchthon schreibt: "An unserer Akademie ist ein Gast aus Litauen, der die Lehre von Servet aus Italien gebracht hat. Er ist ein redegewandter Mensch..." (Melanchthon: 1841:677).
Der kirchlichen Union mit Rom traten aktiv die westrussischen religiösen Vereinigungen entgegen, die sogenannten Kirchenbruderschaften, mit ihren Lehrern und Predigern. Unter ihnen spielte Lavrentij Zizanij die führende Rolle. Seine rationalistischen reformatorischen Anschauungen wurden von Philipp Melanchthon beeinflußt, der versuchte, seine ganze humanistische Bildung und Ideen mit der Luthertheologie in Einklang zu bringen, um diese weiterzuentwickeln.
Melanchthon sowie Zizanij zeichneten sich durch eine enorme pädagogische und organisatorische Energie aus. Dank Melanchthon war eine Reihe von Schulen, Gymnasien und Universitäten gegründet und reformiert worden. Melanchthon's Verdienst war es, daß die Reformation nicht gegen, sondern mit der Bildung der damaligen Zeit ging. Melanchthon schreibt dem Nürnbereger Senator H. Baumgartner im Jahre 1528: "Du weißt, wie es um unseren Stand bestellt ist. Wenn nämlich die Wissenschaften nicht von Deinesgleichen verteidigt oder angeregt werden, dann wird eine skythische Barbarei oder etwas noch Übleres Deutschland überwältigen"(Melanchjthon. 1834: 1001).
In westrussischen Ländern (zjemljach) ist die Aufklärungsentwicklung zu einem gewissen Grad den Bruderschaftsschulen zu Dank verpflichtet. Zizanij setzte alle seine Kräfte daran, solche Schulen in L'vov, Brest und Wilna zu gründen und dort zu unterrichten. Dort übte man sich wie in westeuropäischen Schulen in den "Sieben freien Künsten" (septem artes). Sie zu erlernen, forderte er in seiner Grammatik. Unter den "Sieben freien Künsten" bildet im Trivium (Grammatik, Rhetorik und Dialektik) die Grammatik den Schwerpunkt.
Der Verfasser einer anderen kirchenslavischen Grammatik Meletij Smotrickij absolvierte 1604 die Wilnaer Jesuitenakademie und unterrichtete dann in orthodoxen Bruderschaftsschulen in Kiev und Wilna. Von 1605 bis 1607 reiste er als Privatlehrer des jungen Fürsten Solomereckij durch Deutschland. (Frick 1995: 36 f). Da die Fürsten Solomereckij bereits in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts zum Kalvinismus übergetreten waren (Podokšin 1970: 44), besuchte Smotrickij während dieser Fahrt zahlreiche protestantische Bildungsstätten und setzte sich intensiv mit den Ideen der Reformation auseinander. "Durch die Vorlesungen in den protestantischen Universitäten in Leipzig, Nürnberg und Wittenberg erkannte Smotrickij die Schwächen des Katholizismus. Er distanzierte sich von den Jesuiten. " (Golubev 1883: 94)
Aber auch bei der lutherischen Lehre fühlte er sich auf die Dauer nicht heimich: Nach dem Übertritt zu den Unierten (1627) schreibt Smotrickij, daß seine früheren Verirrungen, wie auch diejenigen anderer rechtgläubigen Schriftsteller, auf seine Begeisterung für die Ideen der Reformation zurückzuführen seien. So schreibt er über sich als Autor der unter dem Pseudonym Theophil Ortolog publizierten Schrift "φρηνοσ": "Wer war Theophil Ortholog? Er war Luthers Anhänger, der seine jungen Jahre in den Leipziger und Wittenberger Universitäten vergeudete; wo er die Wissenschaften sozusagen an Luthers Grabmal studierte. Dann kam er in Litauen an, von wo er in der ganzen Rus' den Lutherischen Rausch zu verbreiten begann, mit dem er selbst übervoll war." (Smotrickij 1628: 113)
Die Frage, welche Werke Smotrickij im einzelnen kennengelernt hat, läßt sich schwer, ja oft überhaupt nicht beantworten. Entscheidend ist vielmehr, daß Smotrickij von der in Deutschland und Polen bereits geläufigen semantischen Methode beeinflußt war, die besonders gut in Melanchthons Grammatiken entwickelt worden war. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, die Darstellungsweise der grammatischen Kategorie Genus bei Zizanij und Smotrickij zu analysieren und Genusbehandlung in den griechischen und lateinischen Grammatiken von Donatus (1864), Lascaris (1546); Melanchthon (1561), Alvarus (1572); Widawski (Vidavius 1581), Ursinus (1592), Lupulus (1560), Crusius (1567; 1566; 1612), sowie in der griechisch–kirchenslawischen Grammatik "Adelphotes" (1973) zu vergleichen.
Ob Melanchthon einen Einfluß auf die kirchenslavische Grammatikographie ausgeübt hat, ist eine Frage, über die die moderne Kritik geteilter Meinung ist.Smotrickij selbst verweist in seiner Arbeit weder explizit auf den Gebrauch von Melanchthons Grammatik noch auf die Lektüre anderer Werke. Nach Grunskis Meinung ist ein solches Herangehen entweder "durch den Wunsch des Grammatikverfassers selbst zu erklären, oder dadurch, daß er verschiedene Quellen benutzte und dabei ohne Zweifel eigene Verknüpfungen entwickelte. " (Grunski 1910: 9) Auch O. Makaruška (1908) weist darauf hin, dass Smotrickij ein guter Kompilator war (Makaruška 1908.46). Jedoch werden nur in seiner Arbeit innerhalb der russischen, ukrainischen und weissrussischen Sekundärliteratur die aus der lateinischen Grammatik Melanchthons entlehnten Beispiele angeführt.
O. Kociuba betont in seiner 1975 erschienenen quellenkundlichen Untersuchung von Smotrickijs Grammatik, daß die Hauptquellen in lateinischen Grammatiken zu sehen seien. (Kociuba 1975: 14) Die höchste Aufmerksamkeit schenkt er den polnischen Autoren Walenty Widawski (Vidavius 1581) und Joannes Ursinus (Ursinus 1592) sowie der in Polen des 16. und 17. Jahrhunderts sehr verbreiteten Arbeit des Jesuiten Emmanuel Alvarus (1572) sowie der Grammatik des Tübinger Professors und überzeugten Protestanten Martin Crusius (1566). Kociuba sieht Melanchthon dagegen nicht als unmittelbaren grammatographischen Vorgänger Smotrickijs an, zumal er gegenüber den vorhergenannten lateinischen Grammatiken nur wenige Neuerungen enthalte. (Kociuba 1975: 40 f)
Meines Erachtens ist dagegen Melanchthons Grammatik eine von Smotrickijs Quellen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Smotrickij sich nicht nur mit der – meist lateinischsprachigen – Literatur der Reformationsbewegung generell, sondern auch mit der lateinischen Grammatik Melanchthons speziell vertraut machte. Das entspricht Smotrickijs breitem Interesse an europäischer Bildung im allgemeinen und Werken reformationsnaher Autoren im besonderen. Melanchthon, der wegen seiner Bestrebungen zur Schaffung und Reorganisation von Schulen und Universitäten sowie auf Grund seiner zahlreichen Lehrbücher und seiner methodischen Anschauungen als Praeceptor Germaniae (Lehrer Deutschlands) bezeichnet wurde, genoss in reformatorischen Kreisen besondere Autorität. "Was die katholische Kirche und was die Humanisten mit ihren Schulgründungen nicht erreichten, gelang Melanchthon mit Hilfe evangelisch gesonnener Obrigkeit: die Errichtung des ersten öffentlichen Schulsystems seit der Zeit des alten Rom. " (Stempel 1979: 71). Auf der anderen Seite war Melanchthons Grammatik sowohl in Deutschland als auch in Polen nicht nur unter Protestanten, sondern auch unter Katholiken weit verbreitet (Bartel 1963: 234, 230). Verschiedene Quellen zeugen davon, daß sie auch in den Bruderschaftsschulen der weißrussischen und ukrainischen Städte genutzt wurde. (Botvinnik 1973: 94) Darüber hinaus beeinflußte Melanchthon auch die Entwicklung der Rhetoriktheorie in Rußland zu Beginn des 17. Jahrhunderts. So stellte etwa die Konzeption der Makarij–Rhetorik (1620) eine Bearbeitung der "Elementorum Rhetorices Libri Duo" des Philipp Melanchthon dar (Steinkühler 1983: 153 ff.).
Es sei bemerkt, daß Melanchthon sich darum bemühte, Schüler möglichst schnell mit Originaltexten vertraut zu machen. Er sah keinen Sinn darin, sich lange mit der systematischen Grammatik aufzuhalten. Er tadelt diejenige Schulmeister, die Lateinisch lehren und "die armen Kinder mit solcher Mannigfaltigkeit beschweren, die nicht allein unfruchtbar, sondern auch schädlich ist" (Melanchthon 1969: 144). Folglich wählte er neue Formen der Grammatikdarbietung: Er führt das semantische Herangehen an die Definitionen der grammatischen Kategorien ein und versucht so weit wie möglich auf formale Kennzeichen zu verzichten. Obwohl die methodologische Motivation der semantischen Darstellungsweise des Melanchthon in dem Versuch einer Vereinfachung des Lateinunterrichts lag, brachte sie auch wesentliche Impulse für eine Erneuerung der Grammatikographie mit sich. Gestützt wird dieses semantische Herangehen auch durch die philosophischen Anschauungen Melanchthons. Er legte seiner Darstellung der grammatischen Kategorien die aristotelische Logik zugrunde, eine universelle Art der Grammatikbeschreibung, die der damaligen europäischen Tradition entsprach.
Was Smotrickijs Definitionen von den Redeteilen und deren grammatischen Kategorien betrifft, so geschieht die Transformation des früheren grammatischen Kanons in den Fällen, in denen diese Definitionen aus der Grammatik Melanchthons entlehnt werden und sich dadurch von Definitionen der griechischen Grammatiken unterscheiden.
Die Alvarsche Grammatik hatte meiner Meinung nach dagegen keine vergleichbare theoretische und methodologische Einwirkung auf Smotrickijs Grammatik, weil Alvarus auf die Definition von den Redeteilen und deren grammatische Kategorien verzichtete und lediglich das didaktische Ziel verfolgte, Latein zu lehren (sieh auch: (Weingart 1923: 47)). Der Wert der Alvarschen Grammatik besteht in der ausführlichen Darstellung von Flexion, Wortbildung, Kongruenz und Rektion, sowie in ihren zahlreichen Beispielen. In theoretischer Hinsicht verweist Alvarus dagegen ständig auf Diomedes, Donatus, Priscian, Varro und auf andere Grammatiker, aus deren Werken seiner Meinung nach grammatische Kenntnisse zu schöpfen sind.
Hinsichtlich der Crusius–Grammatik sei bemerkt, daß sie Smotrickij, auch wenn er sie gebraucht haben sollte, im Vergleich mit Melanchthons Grammatik kaum neue Anregungen gegeben haben dürfte. Denn wie Müller–Fraureuth feststellt, stimmen die Darstellungen von Crusius oft exakt mit der Melanchthonschen Grammatik überein. (Müller–Fraureuth 1895: III)
In der Regel wirkten Widawski und Ursinus wenig innovativ und übernahmen ohne weiteres die für das Lateinische erarbeiteten Schemata und Kategorien. In Widawskis Grammatik werden ebenfalls mehrere Definitionen und die meisten Belege aus der lateinischen Grammatik Melanchthons entlehnt, auch jene hängt damit völlig von dieser ab (Cytowska 1968: 73). Widawski benutzt auch andere in Deutschland nach dem Vorbild Melanchthons verfaßte lateinische Grammatiken. Der Vergleich zwischen Widawskis Grammatik und "Catechesis grammaticae latinae" (Cathechesis 1566) zeigt, daß nicht nur Definitionen, sondern auch die Seitennummer in beiden Grammatiken übereinstimmen. [2] Die Grammatik Ursinus' folgt oft der Grammatik Melanchthons in den semantisch orientierten Definitionen. [3]
Im "Donat" wird die Genusunterscheidung durch die Beifügung der Pronomina hic, haec, hoc bestimmt. Es werden vier Genera gesondert: männliches Geschlecht, weibliches Geschlecht, sächliches Geschlecht und gemeinsames Geschlecht (Genera nominum sunt quattuor, masculinum, femininum, neutrum, commune) (Donatus, 1864: 375). Nach Aelius .Donatus läßt männliches Geschlecht "hic" beifügen, weibliches Geschlecht läßt "haec" beifügen u.s.w.
In der Grammatik von Lascaris werden die Geschlechter durch den Artikel differenziert: "Dabei sind fünf Geschlechter: männliches Geschlecht, zum Beispiel hic bonus, weibliches Geschlecht, zum Beispiel haec bona, sächliches Geschlecht, zum Beispiel hoc bonum, schwankendes Geschlecht; zum Beispiel hic und haec homo, gemeinsames Geschlecht, zum Beispiel haec aquila und haec hirundo, weil ein Wort mit dem Artikel männlichen oder weiblichen Geschlechts zwei Geschlechter bezeichnet" (Genera quidem, sunt quinque. masculinum, ut hic bonus. foeminini. ut haec bona. neutrum, ut hoc bonum. commune, ut hic et hec homo. promiscuum, ut haec aquila, et haec hirundo. quod una uoce, etuno articulo, masculino, uel faeminino declarat duo genera) (Lascaris 1546: 11). Die Geschlechtsdefinition von "Adelphotes" stimmt mit der in der Grammatik von Lascaris überein: "Mužeskij, jako toj Grigorij, ženskij, jako taja dobrodetel', srednij, jako toe taemnoe, obščij, jako č ãlk' ', preobščij, jako toj orel' ' i lastovica, iže ediny glasom' ' i ediny razliciem, mužeskim' ' ili ženski javljaet' ' dva roda"( Adelphotes 1591: 8–9).
Melanchthon versucht, das Genus im Unterschied zu Donatus' Grammatik nicht mit Hilfe der Flexionen oder durch die Demonstrativa zu definieren, sondern wie bei Priscian in erster Linie nach der sexualisierten Genuskonzeption zu betrachten (Priscian 1855, vol. 2: 141). Er übernimmt die aus der Grammatik Priscians bekannte Einteilung in sieben Genera: Masculinum (männliches Geschlecht), Femininum (weibliches Geschlecht), Neutrum (sächliches Geschlecht), Commune (gemeinsames Geschlecht), Omne (allgemeines Geschlecht), Promiscuum (gemeinsames, ungesondertes Geschlecht), Dubium (ungewisses, unsicheres Geschlecht) (Melanchthon 1561: 22). Melanchthon hält allgemeine Regeln /regula generalis/ und besondere Regeln /speciales/ auseinander. Den ersten Regeln zufolge wird das Geschlecht dank der Bedeutung festgestellt. Entsprechend den letzten Regeln bestimmen die Endungen des Nominativs in der Einzahl das Geschlecht (Melanchthon 1561: 31 – 68). Es ist zu bemerken, daß die von uns behandelte Ausgabe aus dem Jahre 1561, die von Smotrickij benutzt werden konnte, von Joachim Camerarius bearbeitet und veröffentlicht wurde. Im Vergleich zu ihr enthält die Grammatik, die Melanchthon selbst geschrieben hat, bedeutend weniger Beispiele für speziale Regeln.
Zizanij, der Ae.Donatus folgt, verweist auf vier Geschlechter: männliches Geschlecht, weibliches Geschlecht, sächliches Geschlecht und gemeinsames Geschlecht – "moužeski emu moščno prilagati toi vetr' '; ženskij – taja žena, srednij – toe nebo, obščij – toj, taja pijanica"( Zizanij 1972: 23). Die näher betrachtete Charakteristik der Geschlechtskennzeichen fehlt bei Zizanij. Also wird Zizanij bei der Behandlung der Genera von Melanchthon nicht beeinflußt, obwohl bei der Darlegung einiger Redeteile und grammatischer Kategorien oft die Entlehnungen aus der melanchthonschen Grammatik zu beobachten sind, was von M.Voznjak gezeigt wurde (Voznjak 1990).
In der Genusdefinition, die bei Melanchthon fehlt, syntesiert Smotrickij, wie Kociuba meint, die Definitionen von Lupulus, Crusius und Vidavius: "Rod est' Mestoimeniem pola razdelenie" (Smotrickij 1974: 21). Vgl.: « Genus est discretio exploratione sexus » (Lupulus 1560: B2), (Crusius 1612: 10) und «Quid est Genus? Genus est regularis et vsitata Articuli accommodatio. Quot sunt Articuli? Articulos latina lingua non habet. Vtimur autem in discernendis generibus articulorum loco Pronominibus, hic ten, haec ta, hoc to» (Vidavius 1581: A5 r.).
Smotrickij schließt sich Vidavius an und benutzt den Terminus « Pronomen », dabei folgt er der bei Widawski üblichen Katechesisform der Grammatik nicht.
Smotrickij unterscheidet wie Melanchthon sowie die späteren Lateingrammatiker, insbesondere Ursinus (Ursinus 1592: 113) sieben Genera, indem er Ursinus' Reihenfolge der Genera folgt: "Mužeskij", emu v edinstvennom čisle imenitel'nogo padeža prilagaetcja mestoimenie "toj: toj muž "; "ženskij" – "taja žena"; "Srednij" – "toe drevo"; "Obščij" – "toj i taja Voevoda"; "Vsjakij" – "toj/ta/toe ispoln"; "Nedoumennyj" – "toj ili taja ieasit'"; "Preobščij est' edinym' ' mužeskim ili ženskim rodom oboj pol ob' 'emlet: toj orel, taja lastovica" (Smotrickij 1974: 22). [4]
Wie Melanchthon unterscheidet Smotrickij das Geschlecht zufolge der allgemeinen und besonderen Regeln, d.h. entweder auf semantische Weise oder entsprechend den Endungen: "Rodi imen' ' poznavajutsja dvoma obrazama: Pravily Obšcimi/ sirec ' znamenovaniem: ijako Petr' ', Cr': i proc. Pravily Osobnymi/ sirec'/ okonceniem: iako zemlja/ Nebo: i proc. ( Smotrickij 1974: 22).
Im Gegensatz zu den bisherigen griechischen oder kirchenslavischen Grammatiken behandelt er gewöhnlich sehr ausführlich in jedem Genus verschiedene semantische Gruppen, was der Grammatik Melanchthons und späteren lateinischen Grammatiken eigen ist. Was die auf die Wortformen gegründeten besonderen Regeln betrifft, so werden die Wortendungen in Betracht gezogen: "O pravilex' ' Osobnyx: Imi ze rodi imen' ' poznavajutsja pravleniem okoncenija Koncašcajasja na/ a...( Smotrickij 1974: 24b–25b ).
Wie oben gesagt, wird das Genus in der "Ars grammatica" des Aelius Donatus aufgrund der formalen Kriterien eingeteilt. Da die Determination mit Hilfe der Endungen nicht immer deutlich erfolgt, wird Masculinum aufgrund der Kongruenz zwischen Nomen und dem Demonstrativum "hic" erkannt: "masculinum est cui numero singulari casu nominativo pronomen vel articulus praeponitur hic, ut hic magister(Donatus 1864: 375).
Im Unterschied zu Donatus gibt Melanchthon die deduktive semantische Charakteristik männliches Geschlechts: "Männlichen Geschlechts sind Nomina der Männer; der männlichen Berufen, der Monate, der Winde und der Flüsse"(Virorum, officiorum virilium, mensium, ventorum, et fluviorum nomina, sunt generis masculini) (Melanchthon 1561: 22).
Smotrickij setzt diese semantische Methode fort: "Männlichen Geschlechts sind Nomina der Männer: Adam, Petr, θ oma, Íoil', Andrej u. a.: der männlichen Würden: Patriarch, Car' < ...> u. a.; der Engel: Mixail, Gavriil u. a.; der heidnischen Götter: kron: zevs: Ermij u. a..; der Monaten: März April, Maj u.a.; der vier Erdteile: Vostok, zapad, Sever, jug; der Winde: Evr, Zefir, Borej, Not u. a. " (Mužeskogo roda imena sut'. Muzej: jako, Adam, Petr, θ oma, Íoil', Andrej: i proč. Dostoinstv mužeskix: jako, Patriarxa, Car' < ...>: i proč. Aggl: jako, Mixail, Gavriil: i proč. Bog iazyčeskix: jako, kron: zevs: Ermij: i proč. Mscej: jako, Mart, April', Maj i proč. Četyrex vselennyja častej: jako, Vostok, zapad, Sever, jug. Vetrov: jako, Evr, Zefir, Borej, Not: i proč.) (Smotrickij 1974: 22 b).
Aus den Nachfolgern Melanchthons in der lateinischen Grammatik ist Smotrickij Ursinus am nähesten: Masculini sunt generis nomina. Virorum, ut: Adam et c. Officiorum Virilium, ut: Papa,Pater et c. Deorum Gentilium, ut: Saturnus. Geniorum, ut: Michael et c. Mensium, ut: Ianuarius et c. Ventorum, ut: Boreas et c. Fluviorum, ut: Vistula et c. Marium blutorum, ut: Leo et c. (Ursinus 1592: 199). Aber auch hier herrscht keine völlige Übereinstimmung, weil Smotrickij bedeutend mehr Beispiele hat, dazu fügt er zu den semantischen Substantivgruppen die bei Melanchthon fehlende Wortgruppe der Weltteile hinzu, schließt aber die für Melanchthon und Ursinus gemeinsame Gruppe der Bezeichnungen der Flüsse und die Gruppe mit der Bedeutung der Meeresungeheuer (Marium brutorum; ut: Leo) aus Ursinus' Grammatik nicht ein (Ursinus 1592: 199)(Kociuba 1975: 163).
Smotrickijs Beispiele sind vor allem aus der Grammatik "Adelphotis" genommen, sie stimmen auch mit denen Melanchthons, z.B. Bezeichnungen der Winde: Evr, Zefir, Borej; der Monate überein. Solche Beispiele wie "Baum", "Adler" kommen auch in Crusius' Grammatik vor (Crusius 1566: 24). Solche Masculina wie der Vorname (Mixail) und die Bezeichnung des Windes (Borej) sind bei Smotrickij und Ursinus (Ursinus 1592: 199) gleich.
In der Definition des weiblichen Geschlechts stützt sich Melanchthon nicht auf die morphologischen Kriterien (Endungen) oder auf die syntaktischen Kriterien (die distributiven Besonderheiten der Wörter, d. h. die Kongruenzmöglichkeiten mit dem Demonstrativum haec, wie es bei Donatus hervorgeht), sondern geht von der Wortsemantik aus. Vgl.: "femininum est cui numero singulari casu nominativo pronomen vel articulus praeponitur haec, ut haec Musa" (Donatus 1864: 375); "Weiblichen Geschlechts sind Nomina der Frauen, der weiblichen Berufe, der Städte und der Bäume" (Mulierum, muliebrium officiorum, urbium et arborum nomina, sunt generis Feminini) (Melanchthon, 1561: 22).
Smotrickij greift in der Subklassifikation der Feminina auf die semantischen Kriterien zurück und zählt dazu nur drei Gruppen: "ženskago roda imena sut'.žen, jako Eva: Sarra: judif',А nna: i proč. Dostoinstv ženskix: jako, mati, doilica: i proč. Bogin' jazyceskix: jako, Afrodita, Ira, Artemida: ili Diana: i proč. "(Smotrickij 1974: 22 b).
Nicht nur die Semantik dieser Wortgruppen, sondern auch teilweise die angeführten Beispiele stimmen in den Grammatiken von Smotrickij und Ursinus überein: Femenini sũ̃t generis nomina. Mulierum, vt: Eua et c. Officiorum muliebrium, ut: Mater. Dearum muliebrium, ut: Ops et c.(Ursinus 1592: 200). Smotrickij schließt in seine Grammatik weder die von Ursinus behandelten Bezeichnungen der Regionen, noch die für Ursinus und Melanchthon gemeinsame Bezeichnungen der Städte und der Bäume ein.
Es sei bemerkt, daß Beispiele in der ersten Ausgabe der Grammatik nicht selten im lateinischen Schriftsatz gedruckt werden, die lateinischen und polnischen Beispiele werden auch nicht selten angeführt. In den nächsten Moskauer Ausgaben (zum Beispiel 1648) werden lateinische und polnische Sprachen ausgeschlossen, weil alles lateinische und polnische für die Moskauer Orthodoxen häretisch war.
Bei der Behandlung des Neutrum folgt Smotrickij den griechischen und lateinischen Grammatiken nicht, die distributiven Eigenschaften der Nomina berücksichtigt hatten. Vgl.: die oben angeführte Definition aus der Grammatik Lascaris' und Donatus' Definition, daß vor Neutra im Nominativus singularis das Pronomen oder der Artikel vorgestellt werde: "neutrum est cui numero singulari casu nominativo pronomen vel articulus praeponitur hoc, ut hoc scamnum" (Donatus 1864: 375). Smotrickij zieht wie Melanchthon die semantischen Kriterien heran, spricht aber auch über die spezifischen formalen Kriterien des Neutrum im Kirchenslavischen. Im Unterschied zu Melanchthon gibt er nicht eine Gruppe der Neutra (die Bezeichnung der Früchte), sondern untergliedert diese in einige Gruppen ähnlich wie bei Ursinus. Vgl: "Fructuum nomina pleraque generis neutri sunt"(Melanchthon 1561: 25); «Srednego roda imena sut'. Bukvy, jako, b, v, d: i proč. razve na / «ъ », i na / "ь ", končaščixsja mužeskix. Rečenij v mesto sloga priemlelemyx: jako, car'/ edinosložno: Anna/ četveropismenno: i proč. Glagol i narečij v mesto imen vzjatyx: jako, moe razumet: sireč/ razum moj: ino včera, ino dnes': sireč/ inšij est' den' včerašnij/ inšij nnešnij: i proč. " (Smotrickij 1974: 23); "Neutri generis nomina. Substantiuorum inuariabilia, vt: Nil, et c. Literarum, vt A,B,C,D,E,P et c. Dictioonum pro Syllabis vel Literis acceptarum, ut: Homo dissyllabon. Homo tetragrammaton. Verborum et Adverbiorum loco Nominum positorum, ut: scire tuum, id est/ scientia tua. Aliud cras, id est/ crastinus dies et c. " (Ursinus 1592: 200–201). Indem Smotrickij in der Genusklassifikation ähnlich wie Melanchthon und Ursinus vorgeht und die semantischen Kriterien einsetzt, legt er dabei die Priorität der formalen (morphologischen) Seite bei der Genusbestimmung in den slavischen Sprachen dar. "Vestno budi vsja imen rody poznavaemy Slavjanom byvati z okončenija izrjadnoe neželi z znamenovanija "(Smotrickij 1974: 3). Die besonderen Regeln selbst, die sich auf die Wortform stützen und die Flexionen berücksichtigen, ("o pravilex Osobnyx: Imi že rodi imen poznavajutsja pravleniem okončenija (Smotrickij 1974: 24b–25b) folgen bei Smotrickij erst nach der semantischen Genusklassifikation.
Die Charakteristik des Commune gründet sich auf den Distributionseigenschaften der Wörter in der lateinischen und in der kirchenslavischen Sprachen.. Zum Commune gehören die Nomina, die in zwei Genera gebraucht werden: "commune est quod simil masculinum femininumque significat, ut hic et haec sacerdos. sed ex his vel principalia vel sola genera duo sunt, masculinum et femininum"(Donatus 1864: 375). Melanchthon nach sind die Nomina des Geschlechts "commune", wenn sie Männer und Frauen bezeichnen: "Quae viris ac mulieribus, pariter conveniunt, communis generis sunt: hic et haec homo"( Melanchthon 1561: 26); Smotrickij spricht über gleiche Flexion im männlichen und weiblichen Geschlecht: "Obščago roda imena sut': Iaže edinym okončeniem mužeskij i ženskij pol znamenujut: jako, toj / i taja člvk / sudia / voin/ voj/ vožd'/ oužika, sveditel'/ Voevoda / tat': i proč. "(Smotrickij 1974: 23 b). Vermutlich benutzt Smotrickij in der Definition des Commune größtenteils Ursinus' Grammatik: "Communis sunt Generis nomina, cuae simul hoc est una Terminatione, significant Virum et Mulierem: Marem et Feminam: et possunt recipere Adiectiuum Nomen, tam Masculinum quam Femininum, ut: Hic et haec Iudex, vates, et martyr, et hostid.| Affinis, miles, ciuisq, cliensq, sacerdos.| Lynx, augur, coniux, antistes, municipesq. Addere plura licet, si talia plura notaris" (Ursinus 1592: 201). Die meisten Smotrickijs Beispiele gehen nicht auf die lateinischen Grammatiken zurück. Es können seine eigenen Beispiele sein, das erste stimmt aber mit dem Melanchthons und Widawskis (Vidavius 1581: A5v) überein.
Der weitere Vergleich zeigt die Ähnlichkeit der Genusklassifikation bei Smotrickij und lateinischen Grammatikern. So schreibt Donatus, daß auf das Neutrum und auf das Commune das Genus zurückgeht, das das Omne heißt: "nam neutrum et commune de utroque nascuntur. est etiam trium generum commune, quod omne dicitur, ut hic et haec et hoc felix" (Donatus 1864: 375); Melanchthon erkennt das Omne, zu dem die undeklinierbaren Zahlwörter von vier bis hundert gehören "Numeralia nomina à quatuor ad centum, et generis omnis indeclinabilia, sunt...Unus, una, unum" (Melanchthon 1561: 26 – 27); Smotrickij stützt sich in dem ersten Teil seiner Definition auf Ursinus' Grammatik und spricht über die Adjektiva, die die gleiche Flexion in allen Geschlechtern haben. Vgl.: «Vsjakogo roda imena sut': Prilagatel'naja edinago okončenija: jako, jurod / ispoln: i proč. Čislitelnaja / ot trex vo vsja pročaja čisla: jako, tii / tija / i taja / tri, četyri, pjat': i proč. Daže do sta» (Smotrickij 1974: 23b); "Septima de Omni, siue de Adiectiuis. I. Adiectiua vnius Terminationis, sunt generis Omnis, vt Hic et haec et hoc Prudens. Hi et hae et haec Quatuor, Quinq, Sex, et vsq ad centum « (Ursinus 1592: 203).
Nach Melanchthon sind dubii generis die Nomina, die von Autoren in verschiedenen Geschhlechtern gebraucht werden: "Dubii generis sunt, quae in eadem significatione ab autoribus alio atque alio genere usurpata inueniuntur, ut: hic dies haec dies" (Melanchthon 1561: 30). Die Hervorhebung des Dubium basiert auf den Distributionseigenschaften der Nomina. Melanchthon zeigt das mit Hilfe der Beispiele, Smotrickij spricht davon in der Definition selbst: "Nedoumennago roda imena sut': o nix že nedoumevaem prostoe li mužeskoe prilagatelnoe priemljut' / libo ženskoe: jako, toj / ili taja neasyt', toj / ili taja / gortan'" (Smotrickij 1974: 23b). Kociuba nach (Cociuba 1975: 166) ist hier der zweifellose Zusammenhang mit Ursinus, wobei Smotrickij das Wort "rectus" mit dem kirchenslavischen «prostoe» übersetzt: "Quinta de Dubio. Dubij sunt Generis ea Nomina, de cuibus dubitatur, num rectius Masculino iungantur Epitheto, an Feminino, quod Probati linguae Latinae Scriptores, indifferenter ijs vtantur. Cuiusmodi nomina in quinq Declinationibus recensebantur" (Ursinus 1592: 202).
Bei der Behandlung des Promiscuum übernimmt Smotrickij die semantischen Kriterien der Genusdifferenzierung von Melanchthon und Donatus. Er beschränkt sich nicht nur auf die bei diesen vertretenen Vögelbezeichnungen, in die die Zugehörigkeit zu dem weiblichen und zu dem männlichen Geschlecht einbegriffen ist: "epicoenon vel promiscuum, quod sub una significatione marem ac feminam conprehendit, ut passer aquila" (Donatus 1864: 375); "Volucrum nomina una terminatione duo genera complectentia, dicuntur epicoinon, id est, promiscui generis, quod una voce, uno articulo, duo genera promiscue, sineque discrimine sexus efferantur: hic pavo, hic passer < ...> hic picus, haec pica, haec aquila, haec alauda, haec cornix, haec coturnix" (Melanchthon 1561: 28).
Die von Smotrickij benutzten Beispielwörter " lastovica" (Schwalbe) "orjol" (Adler) (das letzte findet sich auch in "Donat" und in späteren vielen lateinischen Grammatiken) zeigten, daß er die Beispielwörter seiner slavischen Vorgänger berücksichtigt, insbesondere bei "Adelfotis": "Preobščago roda imena sut'. Ryb: jako, kit / lavrak / perk, karkin / zelv': i proč. Ptic: jako, erodij / aidon / Lastovica / orel / vrabij: i proč. Zverej: jako, piθ ik / krotoryja / mngali / myš': i proč. Presmyčučšixsja: jako, exiidna / zmij / aspid / vasilisk: i proč. Nasekomyx: jako, pčela / vrux / osva / mravij / prusi / sknipa: i proč. (Smotrickij 1974: 24). Dieselben fünf Wortgruppen in gleicher Reihenfolge sind bei Ursinus zu finden: "Epicoeni sunt generis Nomina. Piscium, vt: Tinca et c. Auium, vt: Aquila et c. Ferarum, vt: Leo et c. Repentium, vt: Vipera et c. Insectorum, vt: Scarabeus et c. »(Ursinus 1592: 202).
Viele Beispiele der Nomina des Promiscuum entlehnt Smotrickij wahrscheinlich der grichischer Grammatik Crusius': mus (die Maus), mustela, uiuerra (das Wiesel), uipera (die Schlange), uespa (die Wespe), formica (die Ameise), aquila (der Adler), hirundo (die Schwalbe), cetus (der Wal = oder Haifisch) (Crusius 1567: 310, 315, 316, 321, 322, 326). Dabei ersetzt er manchmal einige griechische Nomina durch die kirchenslavische nicht: simius, simia ( der Affe), aspis (die Viper), basiliscus (eine giftige Eidechsenart, der Basilisk), luscinia (die Nachtigall), lupus (der Seebarsch), lucius (der Hecht), perca (der Barsch), cancer (der Krebs) (Crusius 1567: 304, 315, 322, 326, 327) (Sieh auch : Kociuba 1975: 167–168).
Obwohl die lateinischen Grammatiken von Widawski, Ursinus und Crusius von Smotrickij bei der Verfassung seiner Grammatik wahrscheinlich benutzt wurden, waren diese im Grunde genommen nur Verbreiter der semantischen Herangehensweise Melanchthons bei Genusbehandlung. Teilweise bestätigen das die von uns oben angeführten Belege.
Die Genusanalyse in Smotrickijs Grammatik zeigt, daß er in der Kodifikation der kirchenslavischen Sprache, in der Bestrebung, daß jene der objektiven Norm entspricht, den Prinzipien der griechischen Grammatik nicht blind folgt. Im Gegenteil benutzt Smotrickij andere grammatische Darstellungsweisen vor allem aus den lateinischen Grammatiken und insbesondere aus der Melanchthons, der eine eigenständige semantische Behandlung der Genuskategorie zeigt. Die Bedeutsamkeit von Melanchthons Grammatik für die Herausbildung der semantischen Darstellungsweise bei Smotrickij ist eine unbezweifelte Tatsache und läßt sich deutlich in den Defitionen von Masculinum, Femininum und Promiscuum ablesen. Gerade diese grammatische Darstellungsweise ließ die Gemeinsamkeit der grammatischen Struktur der kirchenslavischen und der lateinischen Sprache feststellen. Sie entsprach der europäischen Tradition damaliger Zeit, und zwar der Neigung zu Universalismus in der grammatischen Analyse.
Trotz der zweifellosen Entlehnung der Genusklassifikation aus Melanchthons Grammatik und aus den ihm nachfolgenden Grammatiken von Ursinus, Widawski und Crusius hält Smotrickij das semantische Prinzip der Genusdifferenzierung nicht für das bestimmende, sondern hebt auch die Wichtigkeit der formalen Merkmale für das Kirchenslavische hervor. Die morphologischen Kriterien der Genusunterscheidung übernimmt er teilweise aus den lateinischen Grammatiken, die später als Melanchthons Grammatik erschienen sind und die manchmal eine ausführlichere als bei Melanchthon auf die Form bezogene Charakteristik enthielten. Also reiht sich Smotrickijs grammatisches Werk in die Entwicklungslinie der lateinischen Grammatiktradition.
Durch diese deduktive Darstellungsweise der Grammatik und durch die induktive Systematisierung einer Unmenge der Sprachangaben gelang es, die grammatische Struktur der kirchenslawischen und lateinischen Sprachen zu identifizieren und den kirchenslawischen Sprachbau an den Tag zu bringen.
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[1] Gerasimov D. Donatus sireč gramatika i azbuka perevedennaja Dimitriem' tolmač om' c' latinskogo jazyka 1552–go, a spisana 1563–go goda. Vybrannaja ot č etyrex knig' uč itelja Aleksandra. – In: (Jagič 1895: 812–911).
[2] Was die Genusbehandlung betrifft, sind die gleichen Definitionen von der Bedeutung der Demonstrativa in der Genusunterscheidung (Vidavius 1581: A5), (Catechesis 1566: A5), von allgemeinen und speziellen Regeln (Vidavius 1581: A5), (Catechesis 1566: A5) u. a. auf übereinstimmenden Seitennummer zu nennen. Die deutschen Beispielwörter sind von Widawski durch die polnischen ersetzt.
[3] Cytowska weist darauf hin, dass Ursinus sich bei der Definition der Redeteile auf die grammatische Theorie von Scaliger, dem Autor des Werkes "De causis linguae latinae" (Scaliger 1540), stützt. (Cytowska 1968: 78) Scaliger verwendet die logisch–semantischen Kategorien wie bei Melanchthon. (Cytowska 1968: 78–79) In den Neuauflagen der lateinischen Grammatik Melanchthons erscheinen im 16. Jahrhundert dann auch wiederholt Hinweise auf Scaliger (Jensen 1997: 97), was von der Nähe der beiden Autoren in ihrem philosophisch orientierten Herangehen an die Grammatik zeugt. Melanchthons Einfluß erstreckte sich auch auf die ersten lateinisch verfaßten Grammatiken des Polnischen (Kuraszkiewicz, Olesch 1980: XIII), z. B. auf die P. Statorius' Grammatik. Smotrickij scheint aber sie bei seiner Arbeit an der kirchenslavischen Grammatik nicht benutzt zu haben (Kociuba 1975: 176), (Horbatsch 1980: 69).
[4] In den Grammatiken von Widawski (Vidavius 1581: A5) und Crusius (Crusius 1566, G II: 24) ist die Reihenfolge von Melanchthon (1561: 22) erhalten.
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Autor (author): Boris Djubo
Dokument erstellt (document created): 2002-08-13
Dokument geändert (last update): 2002-08-20
WWW-Redaktion (conversion into HTML): Manuela Kahle & Stephan Halder